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"Ich bin Erbe geworden – und nun?“ Was Ihnen ein Erbschein bringt und wann Sie ihn benötigen. | 29.01.2024

Stellen Sie sich vor, Sie werden Erbe und der verstorbene Erblasser hat Ihnen Bankkonten und Immobilien hinterlassen. Als Erbe haben Sie neben der Trauerbewältigung den Kopf nur schwerlich für rechtliche Fragestellungen frei. Dennoch gilt in den meisten Fällen: Ohne Nachweis über die Erbenstellung können Sie weder über Konten noch über Grundstücke verfügen. Ein Erbnachweis sollte daher zeitnah beschafft werden. Wie geht es also weiter?

Mit dem Tod eines Menschen geht dessen gesamtes Vermögen automatisch auf seine Erben über. Für außenstehende Dritte ist allerdings nicht ohne Weiteres erkennbar, wer Erbe des Verstorbenen ist. Für diese Außenstehenden ist es im Grunde unmöglich, selbst nachzuvollziehen, ob es ein Testament oder gar mehrere gibt oder wer ansonsten zu den gesetzlichen Erben des Verstorbenen zählt. Behörden, Banken und sonstige Nachlassschuldner verlangen deshalb regelmäßig einen Nachweis der Erbenstellung.

Um diesen Nachweis erbringen zu können, steht den Erben zuallererst der Erbschein zur Verfügung. Der Erbschein ist ein vom Nachlassgericht ausgestellter Ausweis darüber, wer Erbe ist, wie groß der Erbteil der jeweiligen Erben ist und ob Beschränkungen bestehen. Zuständig für die Erteilung des Erbscheins ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Verstorbene seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

Den Antrag auf Erteilung eines Erbscheins können Sie sowohl bei Gericht als auch bei einer Notarin oder einem Notar Ihrer Wahl stellen. Ist kein Testament vorhanden, benötigen die Erben bei Antragsstellung zum Nachweis der Erbenstellung die Sterbeurkunde und Urkunden, die das Verwandtschaftsverhältnis mit dem Verstorbenen nachweisen (insbesondere Heirats- oder Geburtsurkunde). Ist ein Testament vorhanden, ist dieses vorzulegen. Sind mehrere Personen Erben, so müssen nicht alle Erben den Erbschein gemeinschaftlich beantragen. Vielmehr genügt es, wenn ein Miterbe den Antrag stellt.

Natürlich kann es auch dazu kommen, dass sich später herausstellt, dass der Erbschein falsch ist – etwa weil ein bislang unbekanntes Testament plötzlich auftaucht. Benjamin Lorenz, Notarassessor bei der Landesnotarkammer Bayern, erläutert das Verfahren in diesem seltenen Fall: „Dann erklärt das Nachlassgericht den Erbschein für ungültig und zieht ihn ein.“ Und was passiert, wenn die Erbschaft bereits unter den vermeintlichen Erben aufgeteilt und teilweise sogar an Dritte veräußert wurde? „Dann,“ so Lorenz, „können sich Dritte darauf berufen, dass sie auf den Inhalt des Erbscheins vertrauen durften. Die vermeintlichen Erben müssen jedoch die Erbschaft einschließlich etwaiger Verkaufserlöse an die wahren Erben herausgeben. Sie können sich nicht darauf berufen, dass der Erbschein sie als Erben ausgewiesen hat.“

Ist das Testament nicht nur handschriftlich verfasst, sondern notariell beurkundet, so ist der Nachweis deutlich leichter. Der Erbschein ist dann in aller Regel entbehrlich. Das notarielle Testament zusammen mit dem gerichtlichen Eröffnungsprotokoll genügt regelmäßig als Erbnachweis gegenüber Grundbuchämtern, Registern, Behörden, Versicherungen und Banken. „Ein gesonderter Erbschein kann nur dann gefordert werden, wenn konkrete Zweifel an der Erbenstellung bestehen“, erläutert Lorenz.